Es gibt Kameras, wo man sich nicht sicher ist, ob sie wirklich zum fotografieren erfunden wurden, oder nicht doch als Hammer gedacht waren. Wer die russische Horizont Panoramakamera mit (abnehmbaren) Handgriff das erste Mal an der Frau sieht, denkt entweder: Ohje, sie hat schon wieder eine Idee fürs komplette Umstellen der Möbel und vermutlich soll ich irgendwo was renovieren – oder: Wo wird man meine Leiche finden?
Eine analoge 35mm Panoramakamera, deren Objektiv sich tatsächlich um sich selber dreht, etwas, das jeder Narzisst sofort fühlt. Ich dreh mich um mich selbst, und jeder soll es nicht nur wissen, sondern auch hören. In diesem Fall mit einem lauten, aber schönen Surren.
Auch wenn es sich nicht auf Anhieb so anhört, aber: ich liebe diese Kamera. Sie ist zwar schwer wie eine mittelgroße Hosentaschen-Steinesammlung (etwa 1kg), etwas kompliziert zum Film einlegen und ein Blickfang, was man als Street Fotografin nicht unbedingt brauchen kann. Da aber niemand hinter diesem Metallklotz eine Kamera vermutet, kann man doch ungemein unbeobachtet Fotos aus der Hüfte schießen. Und das lässige von unten raus fotografieren macht man irgendwann mit dieser Kamera sowieso. Sie hat zwar einen Sucher, den man aufsetzen kann, aber ernsthaft: dieser kann einem auch nicht wirklich voraussagen, was sich nachher auf dem Film finden lässt.
Der Look der Bilder ist einfach sehr besonders. Eine im Sucher angebrachte Wasserwaage empfiehlt, die Kamera waagerecht zu halten, sonst verzerren sich die Perspektiven. Doch genau das finde ich an ihr so schön. Immer wenn ich mit ihr unterwegs bin, und zuhause dann den Film entwickle – überrascht sie mich mit wirklich coolen Bildern. Und das ist wieder ein Punkt, der für analoge Fotografie spricht. Diese Fotos bekomme ich nicht mit einer Handy- oder Digitalkamera hin, oder wenn, dann mit viel Aufwand. Die Überraschung und auch das Glück, wenn man die Filmstreifen scannt oder auf Papier belichtet! Hier wird man belohnt mit außergewöhnlichen Fotos.
Sie war nie als LOMO-Kamera gedacht. Doch wenn man sie genau dafür nimmt, fällt man sofort in Love. Und gibt sie nicht mehr her. Vermutlich deshalb muss man doch lange suchen, bis man eine (funktionstüchtige) findet.
Technische Infos:
Die Horizont Panoramakamera wurde von 1967 bis 1973 von KMZ nahe Moskau produziert. Was diese Kamera so einzigartig macht, ist ihr ungewöhnliches Design. Statt eines normalen Objektivs hat sie eine auffällige Wölbung vorne. Drückt man den Auslöser, beginnt diese zu rotieren und erzeugt so beeindruckende 120-Grad-Panoramaaufnahmen.
Technische Details:
- Vollmechanischer Betrieb
- Gewicht: etwa 930 g
- Objektiv: OF-28P mit Fixfokus auf unendlich
- Verschlusszeiten: 1/30, 1/60, 1/125 s
- Blende: f/2.8 bis f/16
- Filmformat: 35mm, 24x58mm Panoramaformat
Die Bedienung erfordert etwas Übung, besonders beim Einlegen des Films. Mit der Zeit geht es aber immer leichter von der Hand. Ich achte immer besonders darauf, dass der Film korrekt in den Zahnkränzen sitzt. Ich liebe ihre Robustheit und die faszinierende Technik. Es ergibt sich von selbst, dass Blitzaufnahmen nicht möglich sind.
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