Analog

Digitale Fotos in handgemachte Unikate umwandeln

Bei 400 digitalen Fotos eines Shootings mit einem Model sind maximal fünf wirklich gut. Sehr überspitzt könnte man sagen, dass nicht die Menge an Fotos was über Qualität sagt. Oft ist es eher so, dass wenn wir uns selbst auf das Minimale einschränken, wir kreativer mit unseren Möglichkeiten werden. Und wenn wir nun uns auf ein einziges Bild festlegen möchten, das wir von den Bildern auswählen, um es weiter zu bearbeiten – und es zu einem Unikat zu machen? Natürlich ist es viel mehr Arbeit, doch dieses eine Bild wird uns dann in Erinnerung bleiben, und es ist auch ein schönes Geschenk an die Person, die wir fotografiert haben.

Um digitale Fotos in etwas umzuwandeln, das wir in der Hand halten können, gibt es auch unzählige Möglichkeiten. Aber wenn man mal etwas anderes möchte, als den Ausdruck vom DM um die Ecke, könnte man es mal mit Edeldruck versuchen. Es gibt unzählige Edeldruckverfahren, aber eines der einfachsten, günstigsten und Erfolgversprechendsten ist Cyanotypie. Zudem hier Chemie verwendet wird, die nicht super giftig ist – diese Drucke könnte man auch mit Kindern machen.

Was ist Cyanotypie?

Cyanotypie ist ein fotografisches Edeldruckverfahren aus dem 19. Jahrhundert, das für sein charakteristisches Blau bekannt ist. Unbearbeitet erscheint es entweder als leichtes, oder als sehr intensives Dunkelblau, das „Berliner Blau“.

Von digital zu handgemacht:

Vorbereitung des digitalen Bildes: Ein Bild aussuchen, in Schwarzweiß umwandeln und Kontrast erhöhen, um die hellen und dunklen Stellen deutlich hervortreten zu lassen. Die Graduationskurve umdrehen, damit ein Negativ entsteht. Dieses auf transparente Folie ausdrucken (gibt’s für Laser und auch für Tintendrucker).

Das lichtempfindliche Papier: Aquarellpapier, oder jedes andere Papier, zum Beispiel auch das innere einer Zahnpastaschachtel, mit einer Mischung aus Kaliumferricyanid und Ammoniumeisencitrat beschichten. Im Internet gibt es Rezepte, aber es gibt auch fertige A und B Lösungen zu kaufen, die man einfach nur noch mischen muss. Die Mischung hält nur ein paar Stunden, deshalb immer nur das mischen, was man auch verbraucht. Gleichmäßig mit einem Pinsel auftragen, im Dunkeln trocknen lassen und fertig ist das Papier. Unser Negativ können wir dann darauflegen, eine Glasscheibe darauf (Clipprahmen zum Beispiel) und dann unter UV-Licht oder starkem Sonnenlicht belichten. Je nachdem kann das zwischen 5 und 15 Minuten dauern, der Rand wird grau. Auch hier gibt’s Hilfe im Internet wenn es Fragen gibt. Danach wäscht man das Papier unter fließendem Wasser aus, bis es klar wird. Zu häufiges Waschen führt zu einer Erosion des Bildes. Es wird noch nachdunkeln, wenn es trocknet, ein 3% iges Bad aus Wasserstoffperoxid beschleunigt die Oxidation. Geduldig auf den nächsten Tag warten geht aber auch. Und so entsteht dann das typische Blau.

Und jetzt zum spannenden: die kreative Nachbearbeitung

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, die Cyanotypie in Tonern zu tauchen, um die Farben zu ändern. Hier gibt es so viele Ideen, starker Grüntee oder Kaffee sind ein Beispiel. Mit Bleichen und Rückentwickeln – das ist der Teil, wo man auch einige Drucke verlieren kann. Deshalb: Immer ein paar mehr Drucke machen, wenn man damit hinterher experimentieren möchte.

Mein zweiter Lieblingsschritt ist dann das Kolorieren. Mit Aquarellfarben, Buntstiften, Wachstiften oder alles was man so in der Schublade hat, kann man Akzente setzen, den Hintergrund verändern oder auch einzelne Teile mit anderen Bildern bekleben und eine Art Collage daraus machen.

Wenn ich dann zufrieden bin, lass ich alles nochmal richtig durchtrocknen, um dem Ganzen ein Finish zu geben: die dünne Wachsschicht. Muss nicht, aber kann. Auch hier kann man alles mögliche verwenden, ich habe ein Wachs das Künstler nutzen, aber man könnte auch eine normale weiße Kerze nehmen. Wachs verteilen, trocknen lassen bzw. einziehen lassen – und dann wie bei einer guten Autopolitur das Ganze auf Hochglanz rubbeln.

Derart bearbeitet hat das Bild nichts mehr mit dem digitalen, bunt geknipsten Foto zu tun. Und warum tut man sich das an?

Einzigartigkeit: Jeder Print ist ein Unikat und hat eine eigene Charakteristik.

Haptisches Erlebnis: Was zum Anfassen!!

Kreative Freiheit: Anstatt mit dem Photoshop die Poren weg zu schleifen kann man hier viel kreativer mit Farben arbeiten, und meine Ideen hier lassen sich bestimmt noch erweitern!

Verbindung zur Fotografiegeschichte: So kann man eine historische Technik erlernen und eine Brücke schaffen zwischen alter und neuer Fotografie.

Viel Spaß!

Gastbeitrag von Nicole Malek

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