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Peoplefotografie – Mut zu mehr Authentizität

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Ein geschätzter Fotograf, Andreas Jorns, hat in seinem Blog ein Plädoyer für mehr Authentizität veröffentlicht. Dieses Plädoyer möchte ich heute aufgreifen, da es mich in der letzten Zeit doch sehr als Peoplefotograf berührt. An anderer Stelle in seinem Blog trifft Jorns die Aussage „Gute Portraits sind simpel“. Na ja, ganz so simpel nicht, aber dazu später mehr.

Facebook ist ein richtiger Playground für Peoplefotografen und Fotomodelle. In zahlreichen Gruppen werden Bilder sintflutartig gepostet und oft mit Superlativen gelobtpreist. Dazu an dieser Stelle mehr.  Das Gro der Bilder ist sich ähnlich. Weibliche Modelle werden zumeist – gerne auch leicht bekleidet – abgebildet. Sie nehmen in jeder nur erdenklichen Kulisse eingeübte Posen ein, die überhaupt nicht mit dem Bildinhalt im Kontext stehen. Das ist alles einfach nur langweilig und uninteressant. Es sind immer die gleichen Posen in denen sich die Models in Szene setzen. Und die Kulissen sind auch immer die selben, nur jedesmal von einem anderen Fotografen fotografiert. Mir ist es auch schon so ergangen, dass ich Models vor der Kamera hatte, die nach jedem Auslösen der Kamera, automatisch – im Sinne des Wortes wie ein Automat – eine neue Pose einnahmen. Das machen sie bei jedem Fotografen. Und da frage ich mich derzeit, ob ich einer der unzähligen Fotografen sein will, die sich in eine lange Liste eintragen und so dem Narzissmus  des Models schmeicheln. Ein Grund gäbe es für mich und zwar denjenigen, technisch bessere Fotos zu machen, auf denen die Models gut positioniert sind und die Perspektive sowie die Beleuchtung stimmig sind. Dazu an dieser Stelle mehr. Aber meine Antwort ist nein.

Nach einem Jahr Lehrzeit begebe ich mich auf dem Weg in das dritte Lehrjahr hin zu einem kompromisslosen hohen Anspruch an die Fotografie. Dabei hatte ich das unverschämte Glück – oder war es ein Zufall, eine Fügung? – die Fotokünstlerin Jamari Lior kennen zu lernen. Nicht auf einem Workshop sondern als persönlicher Assistenz für Licht. In drei gemeinsamen Shootings habe ich sehr viel von ihr gelernt. Mehr als in den zahlreich im Internet kursierenden Videos der grade angesagten Fotografen. Inszenierte Fotografie braucht sehr viel mehr als einfach nur eine Kulisse und ein Model. Es erfordert Sorgfalt in Allem.

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Jim Rakete betreibt auch inszenierte Fotografie. Er inszeniert die Menschen nicht einfach so spontan. Aus dem Kontext seiner Fotografien ist entlehnbar, daß er sich mit den Personen befaßt hat. Seine Bilder wirken in einer natürlichen Weise. Der Gedanke an eine Inszenierung kommt einem nicht. Der Rezipient kann nicht anders als sich mit dem Menschen auf dem Foto zu beschäftigen. Auch Peter Lindbergh ist ein Fotograf, der durch Authentizität überzeugt.

Und was in den Bildern von Jim Rakete und Peter Lindbergh so leicht aussieht, ist nicht wirklich simpel, um auf die Einleitung zurück zu kommen. Simpel ist es dann, wenn man das Gelernte Handwerk immer wiederholt hat, bis es einem zur Selbstverständlichkeit geworden ist. Vom technischen Aspekt braucht es nicht viel. Vielleicht ein Blitzgerät oder ein Reflektor. Aber die Fähigkeit des Sehens ist nicht simpel. Es sei denn, man ist mit einer besonderen Gabe dazu gesegnet.

Mut zur Authentizität. Das wünsche ich uns allen. Den Models und den Fotografen. Aber der Fotograf, der glaubt, die Seele des Menschen abbilden zu können irrt. Es wird ein ewiges Dilemma bleiben, nicht nur wie es für Richard Avedon war, sondern für jeden Peoplefotografen. Jede Fotografie ist eine Momentaufnahme. Das Model lässt uns an einem Gefühl oder einer Stimmung teilhaben oder vermittelt sie uns. Nur den wahren Menschen können wir nicht an einem Bild erkennen und ihn erst recht nicht so darstellen. Nehmen wir dieses Dilemma als Herausforderung.

Die Streetfotografie möchte ich zum Abschluß meiner Gedanken noch erwähnen. Denn sie ist aus meiner Sicht sehr authentisch. Sie zeigt eine Momentaufnahme eines Geschehens und erzählt uns eine Geschichte oder läßt sich uns eine ausdenken. Die Reduzierung auf schwarzweiß lenkt auf das Wesentliche. Nichts ist auf den Fotos gestellt. Kein Regisseur hat den Akteuren zugerufen, was sie machen sollen. Aber auch Streetfotografie ist nicht simpel. Sie ebenso nur simpel in Bezug auf das, was die Technik betrifft. Es genügt eine einfache Kamera und ein gutes Objektiv.

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