Branchenleitmesse im Spannungsfeld zwischen wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Entwicklung
Die photokina öffnet vom 27. bis 30. Mai 2020 wieder ihre Tore in Köln. Selten wurde sie in ihrer 70-jährigen Historie derart mit Spannung erwartet, wie in diesem Jahr. Ein sich stark veränderndes Marktumfeld sowie gesellschaftliche und wirtschaftliche Transformationsprozesse stellen Hersteller, Professionals und Messeveranstalter vor große Herausforderungen. Unverändert groß oder sogar steigend ist jedoch die Freude am Bild: ein Paradox, das Vertreter von Koelnmesse GmbH und Photoindustrie-Verband e.V. im Rahmen der Europäischen Pressekonferenz am 6. Februar 2020 in Amsterdam intensiv vor und mit den anwesenden Journalisten diskutierten. Gleichzeitig zeigt der Ausblick auf die diesjährige Veranstaltung, dass Emotionen, Eindrücke und Erlebnisse rund um das Medium Bild in Köln auch 2020 wieder eine würdige Heimat finden.
Imaging in seinen unterschiedlichen Facetten ist zu einem festen Bestandteil unseres täglichen Lebens geworden. Wir benutzen Geräte wie Routenplaner, Smartphones, Wearables, Fernseher, Touchdisplays für den Kauf von Fahrkarten bis hin zu Burgern. Anwendungsbereiche für Imaging finden sich im Gesundheitswesen, Sicherheits- und Überwachungssektor, in der Automobilindustrie, Raumfahrt, Architektur/Immobilien sowie in der Forschung im Allgemeinen. Sogar unsere Kommunikation wird in vielen Fällen nur noch von Bildern bestimmt, sei es, dass wir schöne Momente, Eindrücke etc. über soziale Netzwerke oder Nachrichtendienste teilen oder auf Twitter statt einer verbalen Antwort ein Gif hochladen. Die weltweit pro Jahr 1,4 Billionen aufgenommenen Fotos beflügeln weiterhin den Erfolg der Foto-Finisher. Anbieter von Fotobüchern, Wandbilder etc. punkten auch durch den Einsatz von KI, neuen Designs und der Option kreativ schöne Erinnerungen für die Zukunft zu sichern.
Branche im Widerspruch
„Auch wenn die Marktzahlen es uns manchmal vergessen lassen: Wir erleben gerade eine absolute Blütezeit der Fotografie“, sagt Kai Hillebrandt, Vorsitzender des Photoindustrie-Verbandes. „Noch nie wurden mehr Fotos gemacht, noch nie waren mehr Menschen Fotograf und noch nie haben sich mehr Menschen Gedanken darüber gemacht, wie sie Fotos besser inszenieren können, als heute.“ Scheinbar im Widerspruch dazu steht die Marktentwicklung: Der Absatzmarkt für den Kernmarkt Kamera verlor zuletzt jährlich im zweistelligen Bereich, Konsolidierungen bewegen die Branche. „Warum sehen wir so wenig von diesen traumhaften Voraussetzungen in den Marktzahlen? Ich denke, dass wir noch viel zu wenig den Dialog mit den Kunden finden und es nicht in ausreichendem Maße schaffen, die Step-up User zu aktivieren“, meint Hillebrandt. „Nicht nur Kamera- und Zubehörhersteller müssen Wege finden, das Riesenpotential des Fotografiebooms zu nutzen, auch Services rund um die Fotografie – beispielsweise Fotodruckanbieter – finden Möglichkeiten vor, von denen wir noch vor zehn Jahren nicht zu träumen gewagt hätten“, deutet er die Chancen an, die sich der Branche bieten.
Auswirkungen auf die photokina
Diese Marktentwicklung geht auch an der Leitmesse der Branche, der photokina nicht spurlos vorbei, wie Oliver Frese, Geschäftsführer der Koelnmesse GmbH, ausführt: „Messen sind immer Abbilder des Marktes und Märkte verändern sich. Auch zahlreiche andere, über viele Jahre sehr erfolgreiche Messeformate stehen vor der Herausforderung sich zu wandeln, um den neuen Bedürfnissen ihrer Zielgruppen gerecht zu werden.“ Nicht nur die photokina steht vor der Herausforderung, treibenden Kräften wie der Eventisierung, Digitalisierung und gesamtgesellschaftlichen Transformationsprozessen mit neuen Konzepten zu begegnen. „Messen sind letztendlich Produkte, die kontinuierliche Anpassung benötigen oder manchmal sogar eine Neuauflage, damit sie den Bedürfnissen des Marktes und der Kunden gerecht werden“, so Frese.
Die Koelnmesse als Veranstalter und der Photoindustrie-Verband als ideeller Träger glauben weiter an das Potential der photokina. „Die photokina ist seit jeher ein faszinierender Ort, denn dort treffen Hersteller mit ihren Innovationen auf eine absolut begeisterungsfähige Klientel“, so Hillebrandt. „Das Publikum auf der Messe ist einzigartig: Wo finden Sie so treue, so ehrlich interessierte Endkunden in einer nur ansatzweise vergleichbaren Dichte?“ Deshalb werden die Veranstalter die photokina 2020 als Ausgangspunkt nehmen, um mit allen Diskursteilnehmern – Verbände, Aussteller, Fach- wie auch Privatbesucher – in den offenen Dialog zu treten und die Messe neuzudenken. „Als Leitmesse des Bildes muss die photokina den sich stark verändernden Bedürfnisse nachkommen und neuen Themen, Wachstumsfeldern und Formaten eine internationale Plattform bieten“, so Oliver Frese. „Wir stehen gleichzeitig vor der Herausforderung eine durchaus heterogene Gruppe an Stakeholdern und deren unterschiedliche Veranstaltungsinteressen in Einklang zu bringen.“
Emotionen und Erlebnis
Knapp vier Monate vor der nächsten photokina richtet sich das Augenmerk der Kölner aber nun vor allem auf eine erfolgreiche Veranstaltung 2020. „Wir werden eine photokina erleben, die nahtlos an das anknüpft, wofür die photokina seit 1950 steht: Begeisterung für Bilder und Bildtechnologien, intensive Gespräche mit Gleichgesinnten, Impulse für das eigene Handeln, neues Wissen rund um das Thema Bild für unterschiedliche Zielgruppen, Produktneuheiten zum Anfassen, Inspiration durch Vorbilder und Stars der Branche, Fotokunst“, so Christoph Werner, Geschäftsbereichsleiter Koelnmesse GmbH.
Die Koelnmesse investiert auf gleichbleibendem Niveau wie in 2018 und arbeitet mit einem großen Team an der Neu- und Weiterentwicklung des Eventprogramms. So wird es erstmals wieder eine offizielle Eröffnung der photokina geben, verbunden mit einer inspirierenden Keynote von einem international renommierten Gast zum Thema Transformation.
Impulse für Profis
Das Neuauflage des IMAGING LAB by photokina bietet ein ideales Umfeld für die Präsentation und den Austausch neuer Konzepte, Technologien und Geschäftsideen. Hier kommen Start-ups, Innovationsführer, Hochschulen, Entwickler und Think Tanks zusammen, um die Herausforderungen der Bildindustrie zu diskutieren. Gezeigt werden Innovative Technologien aus den Bereichen Foto & Video, Mobil und Digital Imaging, VR/AR/Mixed Reality, Apps, 3D, KI Künstliche Intelligenz, Software, Cloud Services, Imaging Business Modelle und vieles mehr. Die neue zentrale Platzierung in Halle 4.2 unterstreicht die Bedeutung der Plattform und wird von Start-ups sehr gut angenommen. NRW-Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart übernimmt auch 2020 die Schirmherrschaft des IMAGING LAB.
Mit der IMAGING INNOVATION CONFERENCE by photokina wurde ein neues Format im Rahmen der photokina geschaffen, bei dem sich Experten aus allen relevanten Fachgebieten und der ganzen Welt zu diesen Veränderungen austauschen können. Die Bandbreite der Themen ist hier bewusst sehr groß gewählt, um eben das gesamte Thema Imaging zu beleuchten. In Kombination mit dem Besuch der photokina entsteht so ein ganzheitliches Bild vom Status der Branche – und ein wichtiger Impuls für das eigene Handeln. Die IMAGING INNOVATION CONFERENCE ist die Weiterentwicklung des jährlichen Business Forums Imaging Cologne, das zuletzt im März 2019 stattfand und sich seit 2009 als wichtige Plattform für Trends und Innovationen in der internationalen Imaging-Branche etabliert hat. „Wir arbeiten daran, das Eventprogramm für Profis so zu gestalten, dass sie inspiriert, mit mehr Wissen für die eigene Arbeit und wertvollen neuen Kontakten von der photokina zurückkommen“, erläutert Christoph Werner. Auch 2020 werden internationale Experten auf den Stages tief in Topthemen rund um Fotografie und Film eintauchen: Auf der Professional Stage geben Profi-Fotografen aus aller Welt Einblicke in die Themen, die nicht nur Berufsfotografen derzeit bewegen. Auf der Motion Stage zeigen Film-Profis Wissenswertes zur Videobearbeitung und -produktion, zum Storytelling, aber auch YouTube als Vermarktungskanal. Die neue strategische Partnerschaft mit dem Deutschen Kamerapreis ergänzt das Angebot der photokina rund um das Thema Videografie und Film. Der Preis wird am 29.5. im Tanzbrunnen verliehen, die Gewinner werden am Samstag auf der photokina Vorträge über ihre Projekte halten und damit wichtige Impulse für semiprofessionelle und professionelle Filmer geben.
Der nächste Schritt für Step-up User
Im Fokus der Veranstalter stehen aber auch junge Zielgruppen, die Spaß an der Fotografie haben, an viele Technologien aber erst noch herangeführt werden müssen – und möchten. Denn es geht für diese Zielgruppe längst nicht nur um Spaß und den schnellen Snap mit dem Smartphone. Der Instagram-Kanal der photokina ist seit dem Relaunch 2017 auch deshalb so erfolgreich, weil das Konzept der Kuratierung junger internationaler Fotografen und der Auseinandersetzung mit ihrer Arbeitsweise in der Zielgruppe sehr gut ankommt. Das zeigen die steigenden Abonnentenzahlen und eine hohe Engagement Rate. „Wir haben unser Marketing bereits vor einigen Jahren auch auf diese Zielgruppe ausgerichtet, mit merklicher Auswirkung auf unsere Besucherstruktur: Der Besucheranteil U30 liegt inzwischen bei 30 Prozent“, so Christoph Werner.
Man setzt auch weiterhin darauf, die Verknüpfung zwischen digitalem Angebot und dem Erlebnis vor Ort zu stärken. Neu in 2020 gibt es deshalb die Creators Lounge in Kombination mit dem Rental Point powered by Gearflix. Das Konzept ist einfach: Creator erklären live auf der Messe und auf ihren Kanälen, wie sie ihr Equipment und die Neuheiten der Aussteller für ihre Produktionen nutzen. Besucher können am Rental Point dann direkt diese Neuheiten ausleihen und mit dem neu erworbenen Wissen ausprobieren. „Damit schaffen wir zum einen neue Interaktionspunkte für Besucher und gleichzeitig gewinnen die photokina und ihre Aussteller an digitaler Reichweite“, erklärt Christoph Werner das Konzept und führt weiter aus: „Viele junge Creator haben großes Interesse auf der photokina über ihre Arbeit zu sprechen und sehen die photokina selbstverständlich als place-to-be. Unsere Communities Stage ist bereits nahezu ausgebucht.“
Interaktion und Fotoerlebnis für die Zielgruppe der unter 25-Jährigen bieten 2020 erstmals Fotospots auf dem Messegelände, wo man sich mit einer Kamera austoben kann – angelehnt an erfolgreiche Foto-Experience-Konzepte, die derzeit in ganz Europa tausende junge Besucher anlocken.
Fotokultur in Köln
Untrennbar mit dem Gesamterlebnis photokina verbunden sind Bilderausstellungen auf dem Messegelände und in der Stadt. Die Zusammenarbeit mit dem Festival der Internationalen Photoszene Köln, die die lange Tradition der Bilderausstellungen in Köln mit viel Expertise und einem großen Netzwerk an renommierten Künstlern pflegt, wird 2020 noch einmal intensiviert. Wer zur photokina anreist, hat die außergewöhnliche Möglichkeit nebenbei auch noch rund 100 fotografische Ausstellungen im gesamten Kölner Stadtgebiet zu besuchen oder an einem umfangreichen Workshop-Programm teilzunehmen. Mehr Informationen unter https://festival.photoszene.de/.
Der deutsche Dokumentar- und Portraitfotograf Manolo Ty stellt Fotografien aus seinem Bildband „Pakistan Now“ aus, die auch schon in der Nationalgalerie Pakistans in Islamabad gezeigt wurden. In Zusammenarbeit mit dem Deutschen Jugendfotopreis und dem Deutschen Pavillon auf der EXPO 2020 wurde der Nachwuchswettbewerb „Zukunft jetzt – Mein Bild für die Expo 2020“ zum Thema Nachhaltigkeit ins Leben gerufen. Die 16 Gewinnerbilder (ein Bild pro Bundesland) werden auf der photokina und im Deutschen Pavillon in Dubai gezeigt. Ebenfalls Nachwuchsfotografen gewidmet sind der Profifoto New Talent Award powered by Canon sowie der Deutsche Jugend Fotopreis.
Hallenbelegung zur photokina 2020
Mit Blick auf die Marktentwicklung, sowie Sanierungs- und Baumaßnahmen auf dem Gelände Koelnmesse gestaltet sich die Hallenbelegung 2020 im Vergleich zu 2018 verändert: Basierend auf dem aktuellen Stand der Ausstelleranmeldungen und Prognosen für die kommenden Wochen findet die photokina in den Hallen 3.1, 3.2, 4.1, 4.2 und 5.2 statt.
Die Photokina hatte 2018 schon deutlich abgespeckt. Jetzt wird es noch weniger sein. Weniger ist mehr, sagt man. Ich bin gespannt, ob die Reduzierung auf das Wesentliche ausreichend ist.