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Wie kann ich die Objektive meiner Großeltern heute einsetzen?

Wie kann ich die Objektive meiner Großeltern heute einsetzen?

Ein weiterer Gastbeitrag von Martin J. Kunz aus der Reihe „Analoges Sehen und analoges Hören“.
Für meine Generation würde sich diese Frage eher auf die tollen Objektive unserer direkten Eltern beziehen, denn die ganz früher fest eingebauten Objektiv-Verschluss-Kombinationen meiner Großeltern lassen sich zwar auch an moderne Kameras adaptieren, allerdings ist hierfür eine individuelle und aufwendige Umarbeit notwendig. Im Folgenden „beschränke“ ich mich daher auf die vielen Wechselobjektive, die von unterschiedlichsten Herstellern mit ebenso unterschiedlichen Schraub-, Steck- oder Bajonettverschlüssen an die jeweiligen Kameras gesetzt wurden. Hört sich kompliziert an, ist aber nicht so wild, da es passende Adapter gibt.

Auch die heutigen, modernen Kameras mit Wechseloptiken verfügen über unterschiedliche Anschlüsse für ihre Objektive. Das an sich wäre nicht so schlimm – es gibt ja Adapter – aber es gibt noch ein ganz wesentliches Abstandsmaß, das unbedingt beachtet werden muss, wenn man über den gesamten Entfernungsbereich bis Unendlich das Motiv scharf fokussieren möchte: das sogenannte Auflagemaß. Das Auflagemaß gibt die Distanz an von der Objektiv-Auflagefläche auf dem Kameragehäuse bis zum Sensor der Kamera, was früher der Filmebene, also der Lage des Filmes in der Kamera entspricht. Die Einhaltung dieses Maßes stellt sicher, dass bis auf Unendlich korrekt fokussiert werden kann. 

Da es heute neben den schon seit Anfang der 2000er Jahren erhältlichen digitalen Spiegelreflexkameras (DSLR) nunmehr auch digitale, aber spiegellose Kameras (DSLM) gibt, sind wiederum unterschiedliche Auflagemaß zu berücksichtigen. Durch den Wegfall des Spiegels konnte die Tiefe der Kamera verringert werden und die Objektiv-Auflagefläche an der Kamera rückt näher zum Sensor der Kamera.

Im hier gezeigten Beispiel habe ich einmal eine Canon DSLR und eine Canon DSLM neben einander gestellt. Die Sensorebenen sind auf dem Kameragehäuse markiert, wie auch früher oftmals die Filmebene markiert gewesen ist. Aus dem Vergleich der beiden Systeme DSLR und DSLM geht hervor, dass das Auflagemaß bei der Canon DSLM mit 20 mm nur noch weniger als halb so hoch ist, wie bei der Canon DSLR mit ihren 44 mm. Bei anderen Kamerasystemen wie z.B. von Nikon, Sony, Fuji u.a. ergibt sich ein ähnliches Verhältnis des Auflagemaßes zwischen der jeweiligen DSLR und der DSLM.

Der oben bereits mehrfach als „Mittler“ genannte Adapter zwischen Altglas – wie die alten Objektive gerne liebevoll bezeichnet werden – und den neuen, digitalen Kamerasystemen muss diesen Unterschied je nach Kamerahersteller und Kamerasystem (DSLR / DSLM) ausgleichen. Natürlich muss er auch die unterschiedlichen Anschlüsse der Objektive und der Kameras adaptieren können. In v.g. Beispiel habe ich ein russisch/ukrainisches Objektiv, das Helios-44M mit 58 mm Festbrennweite und einer Offenblende von f/2 zur Adaption an die Canon DSLM (links im Bild) und eine DSLR (rechts im Bild) vorgesehen. Dieses schöne Altglas verfügt über ein besonderes Bokeh und ist daher in der Altglas-Szene sehr gefragt. In den 1980/90er Jahren wurde dieses Objektiv mit einem M42-Schraubanschluss versehen. Auf Grund dessen ist ein erforderliches Auflagemaß von 45,46 mm zu beachten. Um das gewährleisten zu können ist der Adapter für den Anschluss an die DSLM mit einer Eigenhöhe von 25,46 mm ausgestattet und der Adapter für die DSLR mit gerade mal 1,46 mm Höhe.

Das bedeutet auch, dass Altglas-Objektive, die ein Auflagemaß von z.B. 40 mm benötigen, an der Canon DSLR nicht mehr adaptiert werden können, wohl noch an der Canon DSLM. Nachstehend füge ich eine Tabelle an, in der ich für beispielshaft für drei der großen Kamerahersteller die angebotenen Auflagemaße (Dunkelgrün für die jeweilige DSLR und hellgrün für die jeweilige DSLM) angegeben habe und auch die von Altgläsern benötigte Auflagemaße je nach Objektivanschluss. Abgesehen von ein paar wenigen Exoten kann festgehalten werden, dass sämtliches Altglas an zumindest moderne DSLM-Kameras adaptiert werden kann – wenn es einen solchen Adapter gibt.

Das Adaptieren von Altglas an moderne Kameras hat keinen Selbstzweck hat, sondern geschieht, um die besondere Strahlkraft alter Objektive auch im digitalen Zeitalter nutzen zu können. Während heutige, moderne Objektiv auf höchstmögliche Schärfe-Abbildung möglichst bis in die Bildecken getrimmt werden, versuchte man früher mit einfacheren Glassorten, teilweise ohne oder nur mit einer einfachen Beschichtung versehen, natürlich auch bestmögliche Schärfe abbilden zu können, aber auch kontrastreiche, farbechte Fotos zu ermöglichen. In einem weiteren Beitrag in dieser Reihe über das „Altglas“ werde ich an Hand unterschiedlicher, analoger Objektive diese besondere Emotionalität und Ausdrucksweise von Altglas vorstellen. Ein kleiner Appetithappen schon mal jetzt.


Das Buch von Martin J. Kunz

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