Buchbesprechung
Sven Barnow – Achtsam Fotografieren
Durch Fotografie zur inneren Ruhe finden.
Sven Barnow ist Professor für Psychologie und Psychotherapie an der Universität Heidelberg. Der Begriff Achtsamkeit wird hergeleitet aus dem eigentlichen Begriff Mindfulness, wie er von Jon Kabat Zinn, dem Begründer des MBSR (Mindfulness Based Stress Reduction) verwendet wird. Als Freund der Achtsamkeitsmeditation interessiert es mich, wie ein fotografierender Psychologe sich dem Thema zuwendet.
Zunächst fällt beim Durchblättern des Buches auf, dass alle Fotos in Schwarzweiß gehalten sind. Das ist insofern verständlich, als Farbfotos mit einer Fülle von Informationen vllt. eher zu einer zu vermeidenden Bewertung führen könnten.
Das Buch ist in die zwei Teile „Einführung in das Konzept der Achtsamkeit“ und „Achtsamkeit in der Fotografischen Praxis“ unterteilt. Der Übergang ist nahtlos vorhanden.
Die Intention des Buches kommt im Vorwort wie folgt zum Ausdruck. „Denn in diesem Buch geht es darum, über den fotografischen Prozess innere und äußere Schönheit zu entdecken und hierbei (Ihre) Geschichten zu erzählen. Dabei ist das Ergebnis, also das eigentliche Bild, nicht das Entscheidende, stattdessen die Art und Weise, wie es entstanden ist, und Ihre Interpretation der Wirklichkeit.“ Also ähnlich der Achtsamkeitsmedition, bei der es nicht darum geht, irgendetwas zu erreichen.
Der Autor stellt in der Einleitung die Frage nach dem Warum wir fotografieren. Er gibt auch gleich mögliche Antworten vor, von denen zwei das Lesen des Buches zulassen. Haben Sie den, aus einer enthusiastischen Euphorie heraus entstandenen, Wunsch die Schönheit einzufangen und zu Teilen? Geht es Ihnen darum, Geschichten, egal ob erfunden oder real, zu erzählen und zu dokumentieren? Beide Fragen (neben zwei weiteren) sollten Sie mit Ja beantworten, so der Autor. Ich persönlich fotografiere nicht um Geschichten zu erzählen. Das hat meiner Meinung nach nichts mit Achtsamkeit der Fotografie zu tun und entbehrt auch einer Notwendigkeit. Also jetzt das Buch zuklappen und sich über die scheinbar unnütze Geldausgabe ärgern? Ich ignoriere natürlich die Vorgabe des Autors und stelle sie ja auch in Frage. Denn erst wenn die letzte Seite gelesen ist, haben wir Gewissheit oder zumindest eine Erkenntnis, ob wir uns in dem Kontext des Buches wiederfinden oder einfinden können.
Sven Barnow ist kein Dokmatiker. Er gibt uns nicht vor, wie wir zu es machen müssten. Er betrachtet das Thema auf vielschichtige Weise, so wie es sich für einen Analytiker gehört. Er selbst hat sich aus Überzeugung für schwarzweiße Fotografien entschieden und sagt zugleich, dass auch Farbfotos Ausdruck achtsamen Fotografierens sein können.
In einem Exkurs, so will ich es mal benennen, wendet sich der Autor der Portraitfotografie zu. Er ist der Überzeugung, dass die vorgestellten Fotografen ihren Portraits durch Achtsamkeit Mehrschichtigkeit und Tiefe hinzufügen konnten. Die vorgestellten Fotoprojekte des Autors bzw. anderer Fotografen unterstreichen, worum es in dem Buch geht. Nämlich die Fotografie als achtsames, genussvolles und kreatives Mittel einzusetzen.
Wenn Sie genau das ohnehin schon machen, ohne jemals darüber nachgedacht zu haben, werden Sie durch das Buch Bestätigung bekommen und können mit dem (neu) erlangten Hintergrundwissen Ihre achtsame Fotografie vertiefen.
Der Verlag sagt über das Buch: „Sven Barnow zeigt in »Achtsam fotografieren« eine Vielzahl seiner so entstandenen Fotografien und vermittelt, wie uns, frei von Bewertungen und ohne Ergebnisorientierung, authentische und ausdrucksstarke Bilder gelingen.“ Dem stimme ich vollumfänglich zu. Es ist dennoch nicht ganz aussagekräftig. Es wird der Eindruck eines Lehrbuches vermittelt, was es m.E. nach nicht ist. Es ist vielmehr eine sehr vielschichtige Abhandlung des Thema an sich. Das spiegelt sich z.B. in den Interviews wider. Hier kommen Menschen mit Ihrer ganz persönlichen Meinung zu dem Thema zu Wort.
Welchen Nutzen können wir aus dem Buch ziehen? Es bereichert unser Wissen um einen besonderen fotografischen Prozess, durch den wir in Konzentration auf den Moment des Fotografierens unser Beobachtungsvermögen schärfen, uns befreien von der Notwendigkeit eines perfekten „Zielfotos“ und dadurch zu einer inneren Ruhe und Befriedigung kommen können.
Im Rahmen meiner Praxis der Achtsamkeit habe ich auch das Buch „Fotografie als Meditation“ von Torsten Andreas Hoffmann hier besprochen. Klick hier.
Auch empfehlenswert ist das Buch Von Sven Barnow „Psychologie der Fotografie: Kopf oder Bauch?“. Klick hier.
Das Buch ist im dpunkt Verlag erschienen. Klicken Sie hier um direkt zum Buch zu gelangen.
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